Reform des Versicherungsvertragsrechts (VVG)
Die wichtigsten Inhalte der VVG-Reform in Kurzform:
Gültigkeit der neuen Regelungen
Die Regelungen gelten für alle Versicherungsverträge, die ab dem 1.1.2008 neu abgeschlossen werden. Für den Bestand treten die meisten Regelungen ab dem 1.1.2009 in Kraft.
Abschaffung des Policenmodells
Bislang bekommt derjenige, der einen Versicherungsantrag stellt, die Versicherungsbedingungen zu diesem Vertrag gemeinsam mit der Police, zugeschickt: „Policenmodell“. Der Kunde hat anschließend 14 bzw. 30 (Lebensversicherung) Tage Zeit, um diesen Vertrag zu widerrufen.
Künftig erhält der Antragsteller auch die Versicherungsbedingungen bereits vor Vertragsabschluss. Hiervon kann abgewichen werden, wenn der Vertrag auf Wunsch des Versicherungsnehmers telefonisch geschlossen wird.
Erweiterte Informations- und Beratungspflichten
Zu den Unterlagen, die dem Antragsteller ausgehändigt werden müssen, zählen z.B. detaillierte Angaben zum Versicherungsunternehmen sowie eine übersichtliche Beschreibung der Leistungsmerkmale des Versicherungsprodukts sowie der Obliegenheiten des Antragstellers bzw. Versicherungsnehmers.
Abschaffung des Alles-oder-Nichts-Prinzips
Mit dem VVG wird auch das Alles-oder-Nichts-Prinzip abgeschafft. Der Einwand der groben Fahrlässigkeit fällt zwar nicht weg, aber die Entschädigungsleistung des Versicherers ist abhängig von der Schwere des Verschuldens. Der Verbraucher wird in Fällen, in denen er früher keine Leistung bekommen hat, nun anteilig entschädigt.
Entfall des Prinzips der Unteilbarkeit der Prämie
Das bisherige VVG sah in verschiedenen Vorschriften vor, dass dem Versicherer die volle Jahresprämie auch dann zusteht, wenn der Vertrag im Lauf des Jahres außerplanmäßig z.B. durch Kündigung oder Rücktritt endet.
Im neuen VVG wird dieses Prinzip aufgegeben: Im Fall einer Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor dem Ende der laufenden Versicherungsperiode steht dem Versicherer nur noch der Teil der vereinbarten Prämie zu, der dem vom Versicherer zeitanteilig getragenen Risiko entspricht. Die Dauer des Versicherungsschutzes während der laufenden Versicherungsperiode ist künftig das Bemessungskriterium.
Neudefinition des Rückkaufswertes in der Lebensversicherung
Der Rückkaufswert wird bislang als Zeitwert der laufenden Versicherungsperiode nach den Grundsätzen der Versicherungsmathematik ermittelt. Künftig bemisst er sich nach dem vorhandenen Deckungskapital. Das Deckungskapital einer Lebensversicherung ist, grob definiert, die Ansammlung der Sparanteile des Versicherungsbeitrags zuzüglich der Zinsen.
Festschreibung eines Mindestrückkaufswerts in der Lebensversicherung
Bei einer frühzeitigen Vertragsbeendigung erhält der Versicherungsnehmer heute keinen oder nur einen geringen Rückkaufswert. Der Rückkaufswert fällt künftig in den ersten Jahren höher aus, da zu diesem Zweck die Abschlusskosten künftig auf die ersten fünf Vertragsjahre verteilt werden.
Beteiligung der Lebensversicherten an den Bewertungsreserven
Neu geregelt wurde die Beteiligung der Versicherten an den sogenannten stillen Reserven der Kapitalanlagen. Stille Reserven sind noch nicht realisierte Gewinne, die entstehen, wenn der Marktwert von Wertpapieren oder Immobilien oberhalb des bilanzierten Wertes liegt. Die Hälfte der stillen Reserven wird künftig in die Überschussbeteiligung einbezogen und bei Vertragsende mit ausgezahlt. Die andere Hälfte verbleibt bei den übrigen Versicherten im Unternehmen und dient dem Ausgleich von Wertschwankungsrisiken.
Gesetzliche Fixierung der vorläufigen Deckung
Das neue VVG sieht im Gegensatz zu dem bisherigen Gesetz nun Regelungen zur vorläufigen Deckungszusage vor. Hierbei hat der Gesetzgeber zu folgenden Bereichen Aussagen getroffen: Inhalt des Vertrages, Nichtzustandekommen des Hauptvertrages, Prämienzahlung und Beendigung des Vertrages.
Gesetzliche Regelung der Berufsunfähigkeitsversicherung
Bisher gab es keine gesetzliche Regelung für Berufsunfähigkeitsversicherungen. Künftig besteht eine gesetzliche Rahmenregelung.
Festschreibung eines Kündigungsrechts in der Schadenversicherung nach 3 Jahren
Nach neuem VVG kann der Vertrag bei einer Vertragslaufzeit von mehr als drei Jahren zum Ablauf des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten vom Versicherungsnehmer gekündigt werden. Die Kündigung muss dem Versicherer spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres zugehen.
Vorvertragliche Anzeigepflichten
Neu ist, dass der Versicherungsnehmer bei der Antragstellung Angaben zu seiner Gesundheit lediglich in dem Maße machen muss, in dem der Versicherer danach in Schriftform fragt (vorvertragliche Anzeigepflichten). Vorerkrankungen, nach denen nicht gefragt wird, müssen nicht angegeben werden. Die gestellten Fragen müssen richtig beantwortet werden. Passiert dies nicht, kann der Versicherer innerhalb bestimmter Fristen vom Vertrag zurücktreten (innerhalb von 5 Jahren bei „grober Fahrlässigkeit“, innerhalb von 10 Jahren bei Arglist oder Vorsatz).